Freitag, 27. Juli 2012

ESM

Der ESM ist nicht alternativlos. Im Gegenteil, es gibt jede Menge Alternativen, und ein neues Gremium, das, wie auch schon die Banken, ohne jegliches persönliches Risiko mit unglaublichen Beträgen um sich werfen kann, ist vermutlich die schlechteste aller denkbaren Alternativen.

Hinzu kommt, dass dieses Gremium jeder demokratischen Kontrolle entzogen ist. Das kann doch nicht ernsthaft gewünscht sein, jedenfalls nicht vom Souverän, dem Bürger. Mir scheint eher, dass diese Geschichte die Handschrift der Bankenlobby trägt. Alles was geschieht, soll möglichst leise und diskret passieren. Schlimm genug, dass die Geschichte nicht geräuschlos durch die Parlamente ging, dass unser Verfassungsgericht sich mit der Sache befassen musste, dass die Medien Wirbel machten.

Ein Glück, dass es Spin-Doktoren gibt, die der Sache den richtigen Dreh geben. Kritiker mit ausgewiesenem Sachverstand, wie z.B. Hans-Werner Sinn, werden nicht gehört. Statt dessen schafft man lieber ein eigenes Gremium, wie uns die FTD mitteilt:
Um den drohenden Euro-Kollaps doch noch abzuwenden, hat die US-Denkfabrik Institute for New Economic Thinking (Inet) einen Rat aus insgesamt 17 renommierten europäischen Volkswirten ins Leben gerufen.
Nun habe ich zwar keinen Think Tank zur Verfügung, sondern nur ein ganz bescheidenes Eimerchen. Dennoch frage ich mich, wozu wir ausgerechnet amerikanische Denker brauchen, wo doch amerikanische Denker ein ordentliches Teil dieser Krise produziert haben. Schön, Schulden gemacht haben wir Europäer selbst. Aber die hätten uns nicht derartig gekniffen, wenn uns die Amerikaner nicht gerade erst durch ihre Immobilienblase und ihre Lehman-Pleite finanziell erleichtert hätten.

Außerdem versagten unsere Banken nicht derartig, bilanzierten sie nach Kaiser Wilhelms gutem altem Niederstwertprinzip statt nach dem "true and fair value" der Amerikaner. Das basierte nämlich aus gutem Grunde noch auf dem Prinzip des "vorsichtigen Kaufmanns", ein Prinzip, das einem modernen Banker fremd ist. Immerhin weiß der, dass ein Gewinn von 25% auf das Eigenkapital machbar ist, wenn man bereit ist, Risiken zu externalisieren.

Nun gut, das Kind ist in den Brunnen gefallen. Unsere Banken haben den Schaden aus amerikanischem Altpapier durch ihre fehlende oder falsche Risikobewertung zumindest mitverschuldet, und das Niederstwertprinzip gilt nicht mehr. Es wird also dem Steuerzahler nichts anderes übrig bleiben, als die Geschäftstätigkeit der Banken, ohne die auch die Realwirtschaft nicht funktioniert, mit Steuergeldern zu stützen. Ich glaube nicht, dass es dazu eine echte Alternative gibt.

Dann aber bitte so, dass es die Banken schmerzt. Den ersten Versuch dürfen sie durch Kapitalerhöhungen per Emission von Aktien selbst versuchen, werden sie die auf dem freien Markt nicht los, so darf der Staat für kleines Geld zuschlagen. Damit wird er natürlich Teilhaber der jeweiligen Bank und zwar mit allen Rechten. Auch mit dem Recht, die Gehälter des Managements dessen Leistungen anzupassen.

Ein ganz anderes Ding sind die Staatsschulden und natürlich die Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Staaten. Wollen wir die EU halten und ausbauen, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als eine Art von Länderfinanzausgleich zu schaffen, der über den aktuellen Stand hinausgeht.

Deutschlands Geschäftsmodell eines Exportweltmeisters, der wie wild produziert und auf Pump verkauft, kann auf die Dauer nicht funktionieren. Aber das ist ein ganz anderes Thema, wenn auch nicht alternativlos.

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