Dienstag, 14. August 2012

Privilegien für Berufssportler

Unter dem Titel "Die Zeitarbeit will keine Medaillen sponsern" bringt die FAZ einen interessanten Artikel. Offensichtlich sollen die Unfall-Risiken der Berufssportler verteilt werden.

"Anlass sind Pläne der Gesetzlichen Unfallversicherung, des Deutschen Olympischen Sportbundes und des Bundesarbeitsministeriums, nach denen die Beiträge für Berufssportler außerhalb des Profifußballs eingefroren werden sollen trotz steigender Versicherungskosten."

Die Kosten für diese Aktion sollen selbstverständlich nicht von der Allgemeinheit getragen werden, dazu müssten sie im Bundeshaushalt erscheinen. Das wäre transparent und nachvollziehbar, und das ist hierzulande nicht machbar. Statt dessen sollen die Mitglieder der Verwaltungsberufsgenossenschaft diese Kosten tragen.

Die Methode hat System, sind doch unsere Sozialversicherungen in Wirklichkeit keine Sozialversicherung. In eine echte Sozialversicherung würde jeder entsprechend seiner Leistungsfähigkeit einzahlen, und jeder könnte Leistungen nach seinem Bedarf daraus empfangen. Das ist jedoch keineswegs der Fall. Die Zahl der Ausnahmen ist größer als die der Regeln. Das beginnt bei der gesetzlichen Krankenversicherung und hört mit der Rentenversicherung noch lange nicht auf.

Aber zurück zum Profisport und der Berufsgenossenschaft. Eine kleine Recherche führt zu interessanten Ergebnissen. So machte der Spiegel schon 1995 auf diese Problematik mit dem Artikel "Barfuß, aber mit Rüstung" aufmerksam:

"Für 31,2 Millionen Mark ließen sich die Profis im vorigen Jahr reparieren und rehabilitieren, kassierten Verletztengeld oder bezogen Rente - dem standen Beitragszahlungen von gerade mal 12,2 Millionen Mark gegenüber"

Wohlgemerkt: Der Artikel stammt aus 1995. Aber noch heute schreibt die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)

"Zeitarbeitskräfte und Kirchengemeindesekretärinnen, Werbetexter, Profifußballer und Screendesigner haben eines gemeinsam: Sie alle sind bei der VBG gesetzlich unfallversichert."

Nachzulesen beim Bund.

So zahlt also der Niedriglöhner einer Zeitarbeitsfirma seinen Obolus für die berufsbedingten Unfälle der Fußball-Millionäre.





Donnerstag, 2. August 2012

Piraten-Partei


"Bitte ein Manifest" titelt die Zeit und wirft den Piraten vor, sie hätten keine Antworten.
“Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.” sagte Ghandi, und er gewann.
Wir werden sehen, ob die Piraten am Ende gewinnen. Sicher ist, dass sie über die Phase “dann lachen sie über dich” allmählich hinauswachsen.
Aus dem oben zitierten Zeit-Artikel kommt eine völlig falsche Erwartungshaltung bei mir an. Ich bin ein Freund der Piraten, weil sie eben nicht sind, wie andere Parteien. Sie haben kein Manifest, sie haben kein vollständiges Programm, sie haben keine allwissenden Vorsitzenden und sie haben keine vorgefertigten Lösungen für jedes nur denkbare Problem.
Ich mag die Piraten, weil sie sind wie ich: Sie wissen nicht genau, was sie besser machen müssen, aber sie wissen, dass vieles anders werden muss, dass es besser werden kann. Und daran arbeiten sie, und sie arbeiten hart. Wer’s nicht glaubt, mag die Projektgruppen betrachten. Im Gegensatz zu anderen Parteien arbeiten die Piraten nämlich transparent, in aller Öffentlichkeit.
Da gibt es kein Geklüngel hinter verschlossenen Türen, da gibt es keine Bankenlobby, die einen alternativlosen ESM-Vertrag vorbereitet und es gibt auch keine Industriemagnaten, die gut gepolsterte Entscheidungshilfen anbieten.
Nein, die Piraten haben kein Manifest, und auf so manche Frage haben die Piraten keine Antwort.
Wer aber hat eine Antwort? Eine belastbare, einer hinterfragbare Antwort?
Die Union mit Frau Merkel an der Spitze? Die uns erklärt, Ihr Plan sei alternativlos, die uns aber bis heute die Antwort auf die Frage schuldig bleibt, warum das so ist?
Die SPD, die den ESM mitbeschlossen hat und damit denen die Taschen vollstopft, die nach Aussage ihres Chefs zum Wahlkampfthema werden?
Die FDP, die mehr mit sich selbst beschäftigt ist, als mit aktiver Politik?
Oder am Ende doch die Grünen, die wohl in absehbarer Zeit wieder gegen Atomkraftwerke demonstrieren werden, sich aber während ihrer eigenen Regierungszeit nicht die Bohne um ein vernünftiges Endlager kümmerten?
Nein, Leute, da sind mir die Piraten allemal lieber, denn die suchen wenigstens nach richtigen Antworten. Und ich darf mitsuchen. Wenn überhaupt etwas alternativlos ist, dann ist es das!

Die Gemeinwohl-Falle ...

... ist ein Buch, das ich noch nicht gelesen habe, und voraussichtlich auch nicht lesen werde.

Die Leseproben des empfohlenen Buches legen nahe, dass es sich um einen Propagandaschinken handelt. Schön, es kritisiert möglicherweise einen anderen Propagandisten, der eventuell ebenfalls mit zweifelhaften Zahlen arbeitet. In diesem Falle sind beide nicht ernst zu nehmen.

Ich will an einem Beispiel aufzeigen, wo ich Diskrepanzen sehe: Der Autor Michale Hörl greift den Satz „Österreichs Manager verdienen das 1.000fache ihrer Mitarbeiter!“ eines ideologischen Gegners auf und versucht ihn zu widerlegen, indem er mit Durchschnittswerten arbeitet.

Ich weiß nun nicht, was Österreichs Manager verdienen, aber ich gehe davon aus, dass der Unterschied zu Deutschland nicht gar so groß ist. Und da weiß ich beispielsweise, dass die Geschäftsführer von Krankenkassen schon auf bis zu 250.000 Euro im Jahr kommen, ein krasser Gegensatz zu dem, was nach Hörls Angaben der Vorstand Verkauf einer internationalen Firma verdient. Hörl beziffert dessen Einkommen mit 155.100 Euro.

Nehmen wir als Beispiel das Einkommen des Lieblingsfeinds aller Linken, des ehemaligen Vorstands Josef Ackermann der Deutschen Bank mit rund 10 Mio pro Jahr, klingt Hörls Angabe schon sehr abwegig. Setzen wir dagegen das Einkommen einer Reinigungskraft bei der Deutschen Bank mit 1200 Euro im Monat an und gönnen ihr ein 13. Monatsgehalt, so kommen wir auf einen Faktor von 641, und das liegt immerhin näher beim Faktor 1000, den der angegriffene Felber angab, als bei dem Faktor 48, den Hörl aus seinem Zahlenwerk ermittelt.

Grundlage für diese Kritik sind die Seiten 121-123 des Machwerks, gefunden habe ich sie in Form von Leseproben auf der Website des Autors.

Qualitäts-Journalismus

Das Handelsblatt, eine durchaus angesehene Zeitung, berichtet unter dem Titel Piratenpartei nimmt Kurs auf die Euro-Krise falsch.

So sagt die Zeitung:

"Vor der Forderung der Piratenpartei, taumelnden Finanzinstituten Finanzspritzen vorzuenthalten, warnten die beiden (Bofinger und Regling)"

Tatsächlich fordert die Piratenpartei das nicht. Statt dessen fragte ein Pirat im Rahmen einer Podiumsdiskussion nach den Hintergründen derartiger Finanzspritzen.

Weiter heißt es im Handelsblatt:

"Auch von einem weiteren Vorschlag der Piraten, Griechenland zur Einführung des "Geuro", einer Zweitwährung, zu drängen"

Der Vorschlag stammte nicht von den Piraten, sondern von Thomas Mayer, bis vor kurzem Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Der machte diesen Vorschlag im Verlauf eines Vortrags beim IFO-Institut. Im Verlauf der Podiumsdiskussion fragte ein Pirat nach der Meinung der eingeladenen Experten.

Wer sich an der Quelle informieren möchte, ist herzlich eingeladen. Meine persönliche Meinung zu diesem Thema: Die Piratenpartei geht absolut vorbildlich mit dem Thema um. Statt von Alternativlosigkeit zu faseln, organisiert sie Podiumsdiskussionen mit ausgewiesenen Fachleuten, stellt Fragen und bildet sich mit transparenten Methoden eine eigene Meinung. Es mag ein wenig spät sein, aber das kann sich eine Partei, die in absehbarer Zeit vermutlich nicht in die Regierungsverantwortung kommt, durchaus leisten. Tatsächlich scheint es mir, als wäre die Piratenpartei die einzige politische Partei in Deutschland, die ihrem grundgesetzlichen Auftrag nach Art. 21 (1) nachkommt: Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.