Montag, 30. Juli 2012

Die Vollkasko-Mentalität der Bank(st)er

Es hilft gelegentlich dem Verständnis, bereits halb vergessene Themen noch einmal aufzugreifen. So habe ich es mit dem Fall der IKB gehalten. Ich wollte wissen, was aus den Managern geworden ist, die den Karren an die Wand fuhren. Anlass dazu gab mir das Buch "Die Abwracker" von Hans-Olaf Henkel, das mir dieser Tage wieder in die Hand fiel.

Henkel erwähnt einen Mann namens Frank Schönherr, der ungewöhnlich kurz im Vorstand der IKB tätig war, sich angeblich weigerte, einen verharmlosenden Risikobericht zu unterschreiben und daraufhin "Aufgaben außerhalb der IKB übernehmen wollte", wie die Bank lapidar mitteilte.

Frank Schönherr verließ die IKB im Herbst 2006, also ein gutes Jahr vor dem spektakulären Zusammenbruch und kam später zur Mediobanca in Frankfurt.

Stefan Ortseifen hat sich wohl zur Ruhe gesetzt. Vielleicht ein wenig früher als geplant, aber doch immerhin mit ordentlichen Bezügen.

Markus Guthoff, im Vorstand von 2001 bis zum Zusammenbruch, ist heute wieder in ähnlicher Position, allerdings bei einer Firma, die sich nicht mit Schrottpapieren, aber doch immerhin mit Müll befasst.

Claus Momburg, Vorstand seit 1997, ist noch immer Vorstand der IKB.

Joachim Neupel, Vorstand seit 1999 ist im Ruhestand, nimmt aber immer noch den Posten eines Aufsichtsrats der Aareal Bank war.

Volker Doberanzke war, wie auch Frank Braunsfeld , bei der IKB nur recht kurz im Amt. Daher verzichte ich für diese Herren auf eine weitere Recherche.


"Ihren Vollkaskoschutz rechtfertigte die Bankspitze im Geschäftsbericht so: »Wir sind unverändert der Auffassung, dass die Vereinbarung eines Selbstbehalts nicht geeignet ist, die Motivation und das Verantwortungsbewusstsein zu verbesseren, mit denen die Organmitglieder der IKB ihre Aufgaben und Funktion wahrnehmen.«" Quelle

Aktuell kassieren 4 Vorstände der IKB knappe 5 Mio Euro pro Jahr. 

Samstag, 28. Juli 2012

Der gute alte Ludwig Erhard

ist nun schon lange tot, und dennoch wird der "Vater der sozialen Marktwirtschaft" noch immer und oft zitiert. Nun ja, er war ein angesehener Mann, und aus der Vielzahl seiner Stellungnahmen findet sich wohl für nahezu jede Ansicht ein geeigneter Satz.

In dem Buch "Die Strippenzieher", aus dem ich mir mehr Aufschluss über die die Lobbyisten in unserer Republik versprach, als es zu liefern vermag, fand ich den folgenden Ausschnitt, den er nach Angaben des Autors am 26. März 1955 im Deutschen Bundestag sprach:
Kartelle sind in einer Marktwirtschaft nach ihrer inneren Logik dieses Systems artwidrige Fremdkörper. Wer den staatlichen Dirigismus als Lenkungsinstrument im wirtschaftlichen Leben ablehnt, kann nicht zugleich die kollektive Steuerung der Wirtschaft durch Kartelle gutheißen oder gar als nützlich und notwendig erachten. Wer im Kollektivismus politische, soziale und gesellschaftswirtschaftliche Gefahren erblickt, kann nicht gleichzeitig Kartelle als eine besondere Spielart kollektivistischen Geistes verteidigen wollen. 
 Was würde wohl Ludwig Erhard heute dazu sagen, wenn er die Kartelle der Energieversorger betrachtete, die uns die Strom- und Gaspreise diktieren, die Kartelle der Banken, die nicht nur die Bundesregierung, sondern die Politiker in aller Welt vor sich hertreiben?

Gabor Steingart, der offensichtlich auch über einen Denk-Eimer verfügt, hat schon vor einiger Zeit über dieses Thema nachgedacht. Sein fiktives Interview mit Ludwig Erhard, indem er seine aktuellen Fragen  mit Zitaten aus Erhards Nachlass beantwortete, ist ein Meisterstück.

Ein paar Auszüge:
Steingart: Viele Bankenchefs sagen, dass von ihrem Scheitern ein „systemisches Risiko“ ausgehe, ihre Existenz also für das Gemeinwohl von so überragender Bedeutung sei, dass sie mit Steuergeld gerettet werden müssen. Bittere Wahrheit oder Bluff?

Erhard: Der Unternehmer, der nicht mehr an die Funktionsfähigkeit einer freien Marktwirtschaft glaubt, gibt sich in meinen Augen selbst auf.

Steingart: Zugespitzt gefragt: Auch eine Bank oder – um ein anderes prominentes Beispiel zu nennen – ein Autobauer wie Opel soll pleitegehen dürfen?

Erhard: Das ist Schicksal des Unternehmers, denn er ist nur so lange freier Unternehmer, wie er Risiken und Chancen gleichermaßen tragen will. Es geht nicht an, dass er nur die Chancen wahrnehmen und die Risiken durch die Anrufung des Staates abwenden will. Es ist ein mehr als gefährlicher Weg, wenn der Unternehmer aus der persönlichen in die kollektive Verantwortung strebt.
Meine persönliche Ansicht dazu: Männer wie Ludwig Erhard sind wirklich alternativlos. Schade, dass sie so selten sind, und wir heute mit Frauen wie Angela Merkel als Alternative zurechtkommen sollen.

Freitag, 27. Juli 2012

ESM

Der ESM ist nicht alternativlos. Im Gegenteil, es gibt jede Menge Alternativen, und ein neues Gremium, das, wie auch schon die Banken, ohne jegliches persönliches Risiko mit unglaublichen Beträgen um sich werfen kann, ist vermutlich die schlechteste aller denkbaren Alternativen.

Hinzu kommt, dass dieses Gremium jeder demokratischen Kontrolle entzogen ist. Das kann doch nicht ernsthaft gewünscht sein, jedenfalls nicht vom Souverän, dem Bürger. Mir scheint eher, dass diese Geschichte die Handschrift der Bankenlobby trägt. Alles was geschieht, soll möglichst leise und diskret passieren. Schlimm genug, dass die Geschichte nicht geräuschlos durch die Parlamente ging, dass unser Verfassungsgericht sich mit der Sache befassen musste, dass die Medien Wirbel machten.

Ein Glück, dass es Spin-Doktoren gibt, die der Sache den richtigen Dreh geben. Kritiker mit ausgewiesenem Sachverstand, wie z.B. Hans-Werner Sinn, werden nicht gehört. Statt dessen schafft man lieber ein eigenes Gremium, wie uns die FTD mitteilt:
Um den drohenden Euro-Kollaps doch noch abzuwenden, hat die US-Denkfabrik Institute for New Economic Thinking (Inet) einen Rat aus insgesamt 17 renommierten europäischen Volkswirten ins Leben gerufen.
Nun habe ich zwar keinen Think Tank zur Verfügung, sondern nur ein ganz bescheidenes Eimerchen. Dennoch frage ich mich, wozu wir ausgerechnet amerikanische Denker brauchen, wo doch amerikanische Denker ein ordentliches Teil dieser Krise produziert haben. Schön, Schulden gemacht haben wir Europäer selbst. Aber die hätten uns nicht derartig gekniffen, wenn uns die Amerikaner nicht gerade erst durch ihre Immobilienblase und ihre Lehman-Pleite finanziell erleichtert hätten.

Außerdem versagten unsere Banken nicht derartig, bilanzierten sie nach Kaiser Wilhelms gutem altem Niederstwertprinzip statt nach dem "true and fair value" der Amerikaner. Das basierte nämlich aus gutem Grunde noch auf dem Prinzip des "vorsichtigen Kaufmanns", ein Prinzip, das einem modernen Banker fremd ist. Immerhin weiß der, dass ein Gewinn von 25% auf das Eigenkapital machbar ist, wenn man bereit ist, Risiken zu externalisieren.

Nun gut, das Kind ist in den Brunnen gefallen. Unsere Banken haben den Schaden aus amerikanischem Altpapier durch ihre fehlende oder falsche Risikobewertung zumindest mitverschuldet, und das Niederstwertprinzip gilt nicht mehr. Es wird also dem Steuerzahler nichts anderes übrig bleiben, als die Geschäftstätigkeit der Banken, ohne die auch die Realwirtschaft nicht funktioniert, mit Steuergeldern zu stützen. Ich glaube nicht, dass es dazu eine echte Alternative gibt.

Dann aber bitte so, dass es die Banken schmerzt. Den ersten Versuch dürfen sie durch Kapitalerhöhungen per Emission von Aktien selbst versuchen, werden sie die auf dem freien Markt nicht los, so darf der Staat für kleines Geld zuschlagen. Damit wird er natürlich Teilhaber der jeweiligen Bank und zwar mit allen Rechten. Auch mit dem Recht, die Gehälter des Managements dessen Leistungen anzupassen.

Ein ganz anderes Ding sind die Staatsschulden und natürlich die Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Staaten. Wollen wir die EU halten und ausbauen, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als eine Art von Länderfinanzausgleich zu schaffen, der über den aktuellen Stand hinausgeht.

Deutschlands Geschäftsmodell eines Exportweltmeisters, der wie wild produziert und auf Pump verkauft, kann auf die Dauer nicht funktionieren. Aber das ist ein ganz anderes Thema, wenn auch nicht alternativlos.

Donnerstag, 26. Juli 2012

Zum Think Tank reicht's nicht, ...

aber für einen Eimer voll eigener Gedanken sollte es reichen.

Die Alternativlosigkeit meiner Bundeskanzlerin veranlasst mich immer wieder, über Alternativen nachzudenken. Immerhin gibt es zu allem Alternativen, warum sollte es ausgerechnet zu Angela Merkel keine geben?

Die politische Landschaft in Deutschland lässt aktuell leider noch keine Alternative erkennen. Die Sonntagsfragen, wie auch die wesentlichen Abstimmungsergebnisse im Bundestag, deuten darauf hin, dass uns die Dame auch nach der anstehenden Bundestagswahl als Chefin einer Großen Koalition erhalten bleibt. Auch innerhalb der Union hält man Merkel offensichtlich für alternativlos.

Warum eigentlich?